Marder Ahoi

Hand aufs Herz: "Marder im Auto" - da stellt man sich doch eher einen zweibeinigen Langfinger vor, der es auf das Autoradio abgesehen hat. Nur wer schon einmal vom eher putzig anmutenden Steinmarder (martes foina) heimgesucht wurde, weiß, wer gemeint ist. Ein in Mitteleuropa beheimatetes Kleinraubtier, das sich beispiellos an den zivilisatorischen Errungenschaften des Menschen zu schaffen macht.

Welch böse Überraschung, wenn dem Auto morgens kein Ton zu entlocken ist. Der Blick unter die Motorhaube offenbart Übles: Hier scheint sich ein Wahnsinniger ausgetobt zu haben. Den Dämmmatten an der Haube fehlen faustgroße Stücke, aus den Kühlschläuchen tropft das hier doch so notwendige Nass, kein Zündfunke will überspringen, weil die Startkabel zerbissen, regelrecht "al dente" im Motorraum herumbaumeln.

Der Marder war da. Angelockt durch die Wärme des gerade abgestellten Autos, betrat er am Vorabend von unten den Motorraum als Bühne, um als Selbstdarsteller zu zeigen, wie sich ein Tier dem Menschen anpassen kann. Wo andere Tiere sich die Beißerchen an den verschiedensten natürlichen Materialien schärfen, hat martes foina das teure Kabelmaterial für die 1 x nächtliche Zahnpflege auserkoren. Es scheint ihm ein wahrhaft königliches Vergnügen zu bereiten, in einer Nacht nicht nur eins, sondern oft mehrere Exemplare unserer heiligen Kuh, dem Auto, zu zerlegen. Früher vermutete man, dass dem warmen Kabelmaterial noch ein Restduft des zu seiner Herstellung notwendigen Trennmittels Fischoel (Sie lesen richtig!) entschwindet und ihm einen mitternächtlichen Imbiss vorgaukelt.

Warum nagt er aber dann auch Dämmmatten und Kühlschläuche an? Hier liegt die Antwort im ausgeprägten Revierbewusstsein dieses "Halbstarken" der Tierwelt :

Ohne das Sie es wussten, war bereits Marder A in Ihrem Auto und hat, ohne etwas zu zerstören, seine Duftmarken hinterlassen und damit sein Terrain markiert. Jetzt kommt Marder B zu Besuch, bemerkt die Duftmarken und reagiert wie oben beschrieben. In Ihrem Auto findet also ein Revierkampf statt. Sie spendieren die Arena.

Doch das war nur der erste Streich.

Das kleine Raubtier ist von den Behausungen der Autobesitzer sehr angetan. Ein Vollgestellter Dachboden, durch eine lose Dachpfanne prima zu erreichen, ist das nächste Ziel. Wo der Kopf des Marders durchpasst, geht mit ein paar Verrenkungen meist auch der Rest hinein. Wer einmal das zweifelhafte Glück hatte, mit einem Marder das traute Heim zu teilen, weiß wahre Schauergeschichten zu erzählen:

Verschleppte, teilweise noch lebende Beute ( Mäuse und Vögel ) liegen zwischen Mobiliar und zerfetzten Wärmedämmungen, der herumliegende Kot und der charakteristische "Marderduft" runden das Bild fast ab. Höhepunkt der "Mensch-Tier" Wohngemeinschaft ist das allnächtliche Spektakel, das der Marder veranstaltet. Der mit erheblicher Lautstärke herumspringende Dachstuhlbesetzer (in der Paarungszeit doppelt so laut, weil mindestens "à deux") spielt auf den Nerven seiner gestressten Wirtsleute Klavier.

Für die vom hilfreichen Forstmann aufgestellten Fallen hat der pelzige Unter­mieter oft nur ein hämisches Grinsen übrig. Auch aufgehängte Beutel mit Hundehaaren oder Mottenkugeln in Kiloeinheiten bringen nur vorübergehend Erfolg.

Der Marder, als so genannter "Kulturfolger", ein tierisch mit der menschlichen Zivilisation Schritt haltendes Lebewesen, lässt sich nur schwer vom einmal eroberten Terrain verbannen. Im Dachboden hilft nur konsequentes Entrümpeln und nachhaltiges Verschließen der Einschlüpfe. Ist dies nicht möglich (im Auto natürlich unmöglich), hilft nur noch eine Hochfrequenzanlage. Es werden hiermit für den Menschen teilweise unhörbare Ultraschalltöne erzeugt, die den Marder, der ja selbst gern Radau macht, aus dem Dachboden oder aus dem Auto richtiggehend vergrämen.

Wichtig dabei: Dem Marder darf kein Leid zugefügt werden, denn: o tempora, o mores, er steht unter Artenschutz.

Weitere Informationen zum Marder:

Stiftung Naturschutz Berlin, unter Liste Wildtiere Marder suchen
Stiftung Naturschutz Berlin PDF